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Abort alt

Bad-Geschichte - Auf der Suche nach Regeneration

Die Geschichte des Badezimmers als Ort der Körperreinigung, Entspannung und Gesundheitsvorsorge ist so lange wie wechselvoll.

Schon in der Antike stand die Entspannung und nicht die Reinigung im Vordergrund: Homer (800 v. Chr.) beschreibt in seiner Odyssee ausführlich die Badezeremonie und bezeichnet sie als „Mittel gegen geistesentkräftende Arbeit". Das griechische Bad, untrennbar mit dem Gymnasium verknüpft, steht rein örtlich zwischen der körperlichen Anspannung des sportlichen Fünfkampfes in der Palästra und den besinnlichen Diskussionen im Halbrund der Exedra. Zu keiner anderen Zeit wurde das Bad besser in die menschliche Regeneration eingegliedert als damals.

In den römischen Thermen kam das Vollendetste zusammen, was die Römer an technischer, architektonischer und soziologischer Entwicklung zu bieten hatten. Nicht nur die Wasser- und Wärmefülle der römischen Thermen ist beeindruckend; es ist vielmehr die Art, wie diese für die totale Regeneration genutzt und zum gesellschaftlichen Mittelpunkt wurden; in den Thermen verbrachten die Römer einen grossen Teil ihrer Freizeit.

Vom Marmorbad in den Holzzuber

Soviel Luxus war dem Mittelalter nicht beschieden - nach den prachtvollen Marmorbädern steigt die Geschichte in den Holzzuber. Überliefert sind Baderäume in Burgen und Klöstern, wobei Klöster gern in der Nähe von Thermalquellen errichtet wurden, was den Aufwand für die Warmwasseraufbereitung erheblich reduzierte. Wichtigster Einrichtungsgegenstand dieser Badezimmer war ein grosser Holzzuber - als Badewanne! Über die Häufigkeit dessen tatsächlicher Nutzung liegen unterschiedliche Quellen vor, sie schwanken von einmal in der Woche bis zu einmal im Monat.

Das gemeinsame Baden war im Mittelalter eines der wenigen gesellschaftlichen Vergnügen: Musizieren, Essen und Trinken gehörten ebenso dazu wie Amouren und die Gewohnheit des Nacktbadens. Bürgersleut' und gemeines Volk frönten ihrer Körperreinigung in den öffentlichen Badestuben, wo's locker und freizügig zu und her ging. Freudenhaus und Badehaus waren oft dasselbe - Bader und Bademägde schrubbten die Leiber und teilten die Betten. Dies hatte fatale Konsequenzen. Mit dem Aufkommen der Syphillis in Europa wurden diese Etablissements schleunigst dichtgemacht und warmes Wasser geriet als potentieller Krankheitserreger regelrecht in Verruf. Die Kirche sorgte für Ordnung, muffige Zeiten brachen an.

Impressionen aus unserem kleinen Bädermuseum im 19. Jahrhundert

Antike Sanitäre Armaturen
Antike Sanitäre Armaturen
Badewelten im 19. Jahrhundert
Badewelten im 19. Jahrhundert
Badewelten im 19. Jahrhundert
Badewelten im 19. Jahrhundert
Badewelten im 19. Jahrhundert
Badewelten im 19. Jahrhundert

Gut gepudert ist halb gewaschen

Die Menschen im Barock setzten konsequent auf Puder, Parfum sowie auf - am Körper getragene - "Flohfallen" und verzichteten weitgehend aufs Baden.

Man wusch sich nur hie und da und half mit Puder und Parfum nach, den eigenen Gestank zu überdecken. Flöhe und Läuse nisteten sich in den weit ausgreifenden Rüschenröcken der Herrschaften ebenso ein wie in den Lumpen ihrer Untertanen. Das häusliche Bad des Barock galt als ein Unterfangen, dem man sich nur mit grösster Zurückhaltung aussetzte. Unter anderem fürchtete man sich vor den vermeintlich grossen Gefahren, denen der nackte Körper durch den direkten Kontakt mit Wasser und Luft ausgesetzt sei. Ganz im Geiste ihrer Zeit konnte Königin Margarethe von Navarra (1527-1558) ihrem Liebhaber eröffnen: "Sehen sie meine schönen Hände, seit acht Tagen habe ich sie nicht gewaschen."

Das hinderte jedoch nicht daran, Millionen für eine Sache auszugeben, die man gar nicht benutzte. Viele der Badezimmer in Barockschlössern waren nur zur Repräsentation gedacht und beileibe nicht zum Baden. Je prächtiger und pompöser die Ausstattung, desto mehr diente das Barockbad als Prestige- und Vorzeigeobjekt, und um so weniger wurde es zum Baden genutzt. Im 17. Jahrhundert erreichte die Badekultur ihren Tiefststand. Es galt als besonders gottesfürchtig, jeglichen Kontakt mit dem Wasser zu vermeiden; die Nacktheit des Körpers war als Sünde verdammt.

Erst mit der Aufklärung wurde Wasser als Mittel der Körperreinigung wieder rehabilitiert und durch medizinische Erkenntnisse der Hygienegedanke gestärkt. Dies führte im 19. Jahrhundert zur Einrichtung von Badezimmern vor allem in den Häusern des Bürgertums. Um 1900 erhielten die Objekte fürs Bad auch zum ersten Mal ein einheitliches Äusseres: Formgebung, Ornamente und Dessins waren dem "Jugendstil" entlehnt. Das Badezimmer im Haus war eine Angelegenheit für Privilegierte; die europäischen Städte kannten um 1800 noch keine geregelte Wasserver- und -entsorgung. 1871 waren in der Stadt Zürich erst zwei Drittel der Häuser an die Wasserversorgung angeschlossen, die Bewohner der übrigen Häuser schleppten das Wasser in Kübeln herbei.

Bis 1950 verfügten lediglich 69% der Mietwohnungen in der Schweiz über ein eigenes Bad, bei den Arbeiterwohnungen waren es damals nur 54%. Noch in den fünfziger Jahren waren samstägliche Waschrituale üblich, das wöchentliche Bad war die Regel, die tägliche Dusche die Ausnahme.